I – wie IGeL-Leistungen
Wenn ich IGeL-Leistungen höre, denke ich unweigerlich an ein niedliches kleines Tierchen. Leider haben IGeL-Leistungen im Gesundheitswesen mit Igeln gar nichts zu tun, die Abkürzung steht nämlich für „Individuelle Gesundheitsleistungen“. Es handelt sich hierbei um Leistungen, die nicht zum festgeschriebenen Leistungskatalog der GKV (Gesetzlichen Krankenversicherungen) gehören, die eine Kasse also nicht zahlen muss. Den Ärzten sind praktisch keine Grenzen gesetzt und es dürfen somit auch Leistungen angeboten werden, deren Wirkung nicht nachgewiesen ist. Der IGeL- Markt wird immer unübersichtlicher und für den medizinischen Laien ist es schwierig, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, welche Angebote sinnvoll sind und welche dagegen unnötig.
Schwangerschaft und IGeL- Leistungen
Fast jede Schwangere wird heute mit verschiedenen Selbstzahlerleistungen konfrontiert, sobald sie eine gynäkologische Praxis betritt. Als IGeL-Leistungen werden im Rahmen der Vorsorge zum Beispiel folgende Untersuchungen angeboten: Zusätzliche Ultraschalluntersuchungen, auch 3D- Live- Ultraschall, pränataldiagnostische Verfahren wie die Nackenfaltenmessung oder zusätzliche Laboruntersuchungen wie Glukosetest, Zytomegalie-Infektionstest oder Toxoplasmosetest.
Kritik an unübersichtlichem Markt der IGeL-leistungen
Experten kritisieren, dass im Vorfeld nur selten ausreichend über Nutzen, Risiken und Wirksamkeit der Maßnahmen aufgeklärt wird und oftmals auch die formalen Voraussetzungen nicht erfüllt werden. So fehlt es häufig an einer angemessenen Bedenkzeit oder es fehlt eine schriftliche Einwilligung des Patienten, dass er die Leistung ausdrücklich wünscht, obwohl diese nicht von der Krankenkasse bezahlt wird. Und wie bei vielen Untersuchungen im Bereich der Vorsorge ist auch bei IGeL-Leistungen nicht sicher, ob sie mehr Nutzen oder Schaden nach sich ziehen. Es kann eine völlig komplikationslose Schwangerschaft sehr belasten, wenn falsch positive Untersuchungsergebnisse dazu führen, dass die werdende Mutter plötzlich zur Risikopatientin wird. Selbst wenn sich ein Testergebnis im Nachhinein nicht bestätigen sollte, so bedeutet es doch eine Zeit großer Verunsicherung und unnötigen Stress für die Mutter und das ungeborene Kind. Dieses ist direkt mit der Gefühlswelt der Mutter verbunden und wird durch die negativen Gedanken der Mutter in seinem seelischen Erleben beeinflusst.
Die wohl häufigste Zusatzuntersuchung: Mehr Ultraschall
Betrachten wir an dieser Stelle die wohl am häufigsten gebuchte IGeL-Leistung im Bereich der Vorsorge bei gesunden Schwangeren: zusätzliche Ultraschalldiagnostik. Von den Krankenkassen werden in der Regel drei Ultraschalluntersuchungen bezahlt, diese finden gewöhnlich zwischen der 9.-12. SSW, 19.-22. SSW und 29.-32. SSW statt. Wer sein Kind häufiger sehen will, kann das „Baby-Watching“ gerne buchen, muss es aber aus eigener Tasche bezahlen. Werdenden Eltern wird Sicherheit suggeriert und schließlich ist es für alle Beteiligten beruhigend, das Herzchen des kleinen Bauchbewohners schlagen zu sehen.
Selbstverständlich sind viele Paare bereit, diesen Aufpreis zu bezahlen, nach dem Motto „Nur das Beste für mein Kind“.
Und wer klärt uns über die Risiken auf?
Was nur in seltenen Fällen stattfindet, ist eine Aufklärung zu den Risiken der durchgeführten Untersuchungen und die kritische Hinterfragung dieser weit verbreiteten Praktik. Es gibt keine Studie die belegt, dass das Wohlbefinden des Embryos durch mehr Ultraschall steigt. Im Gegenteil gibt es Hinweise darauf, dass Ultraschalluntersuchungen für das Ungeborene als purer Stress erlebt werden und, dass es deshalb absolut sinnvoll ist, so selten wie möglich zu schallen. Die Ergebnisse von Tierversuchen weisen darauf hin, dass Ultraschallwellen Zellen besonders schaden, wenn diese sich im Wachstum befinden. Am Menschen wird aus ethischen Gründen in diesem Bereich wenig geforscht. Mächtig ist die Lobby derer, die an teuren Ultraschallgeräten und der ständigen Verfeinerung der Technik gutes Geld verdienen. Niemand hat ein Interesse daran, nicht mehr an diesen Leistungen zu verdienen, die inzwischen so selbstverständlich zur üblichen Vorsorge gehören, wie das Mund öffnen zum Besuch beim Zahnarzt.
Die Hebamme Kirsten Proppe aus der Schweiz hat sich intensiv mit den negativen Auswirkungen von Ultraschalluntersuchungen auseinandergesetzt. Verschiedene informative Artikel zu diesem Thema findet ihr auf dieser Homepage: http://www.naturalscience.org/index.php?id=34&L=1
Mütter und Väter sollten sich informieren und bewusst entscheiden!
Schwangere Mütter und werdende Väter sollten sich vor dem ersten Besuch beim Frauenarzt genau überlegen, welchen Weg sie gehen wollen. IGeL-Leistungen sind nicht medizinisch notwendig, es bedarf keiner Eile bei der Entscheidungsfindung. Ihr solltet kritisch hinterfragen, Aufklärung einfordern und guten Gewissens Leistungen ablehnen. Mit den IGeL-Leistungen wird uns Individualität und Gesundheit versprochen, doch sie halten im Bereich der Schwangerschaftsvorsorge nicht, was sie versprechen. Vielmehr werden alle Schwangere dazu gedrängt, sich engmaschig überwachen zu lassen und gesünder wird dabei definitiv niemand. Blickt man der Realität ins Auge, so dienen IGeL-Leistungen vor allem der Arztpraxis; sie tragen dazu bei, das Budget aufzubessern und das (teure) Ultraschallgerät zu finanzieren. Sie helfen der Schwangeren jedoch nicht, auf die Signale des eigenen Körpers zu horchen, die Zeichen, die dieser sendet zu empfangen und in gutem Kontakt zu ihrem Kind zu sein. „In guter Hoffnung“ zu sein bedeutet mehr, als nur auf das nächste „Alles in Ordnung!“ des Arztes zu warten. Eine gute Möglichkeit den Versuchungen von IGeL-Leistungen zu widerstehen, ist eine hebammenbetreute Schwangerenvorsorge, mehr dazu lest ihr hier. Eine kritische Auseinandersetzung zu IGeL-Leistungen während der Schwangerschaft findet ihr auch auf der Seite von Greenbirth e.V.
Und falls ihr während der Vorsorge doch über ein Extrapaket an Leistungen stolpern solltet, so denkt ruhig an den Igel. Er ist voller Stacheln und eine schwangere Frau sollte sich gut überlegen, wie nahe sie ihm kommen mag.
Quellen:
Es gibt im Internet einige Seiten, die sich mit der Bewertung und Übersicht von IGeL-Leistungen befassen.
http://www.igel-monitor.de
http://www.igel-check.de/
Leider fehlt meist eine Übersicht der Untersuchungen, die während der Schwangerschaft angeboten werden.
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